#243: Das Geschäftsmodell von Gorillas & Co

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🦍 Gorillas & co. - Milliardengrab oder Goldgrube?

Weltweit werden Milliarden in Instant-Delivery Start-Ups wie Gorillas, Flink und Getir investiert.

Aber wie können die 15-Minuten-Lieferdienste überhaupt profitabel werden?

Dafür müssen wir v.a. drei Metriken verstehen:

1. Unit Economics:

Wieviel verdienen wir pro Bestellung? In der Grafik habe ich zwei Szenarien entworfen (meine Annahmen), die sich nur im Warenkorb und in der Marge bzw. dem Wareneinsatz unterscheiden. Dies macht aber beim Deckungsbeitrag 2 einen Unterschied von Faktor 17x aus! (0,30€ vs 5,10€)

2. Lifetime Value (1 Jahr) und Bestellfrequenz

-Szenario 1: Zwei Orders pro Monat → Kundenwert pro Jahr = 0,30€ * 2 Orders pro Monat * 12 Monate = 7,20€

-Szenario 2: Acht Orders pro Monat → Kundenwert pro Jahr = 5,10€ * 8 Orders pro Monat * 12 Monate = 489,6€

In den beiden Szenarien unterscheidet sich der Kundenwert also um den Faktor 68x!

3. Customer Acquisition Cost

Wieviel muss ich im Marketing für einen Neukunden ausgeben? Nehmen wir an, dieser Wert liegt bei 50€, dann ist das Business Model im Szenario 1 eine Katastrophe 😭 und im Szenario 2 eine Goldgrube 🤑!

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Podcast Transkript

Intro

Hallo und herzlich willkommen zur neuesten Folge des Podcasts. Heute wollen wir uns mal mit dem Gorillas Geschäftsmodell auseinandersetzen bzw. dem Geschäftsmodell von diesen ganzen Instant Delivery Grocery Services. Und zwar ist es schon total crazy, wie das derzeit auch weltweit abgeht. Da verkündet ja eine Firma nach der anderen eine krasse Finanzierungsrunde über hunderte von Millionen von Euro. Und bei Groceries und Lebensmitteln haben wir vielleicht nochmal die besondere Situation, dass da die Margen nochmal deutlich geringer sind als jetzt bei Fashion und Schuhen. Und deshalb ist die Frage vielleicht auch berechtigt. Kann man damit auch Geld verdienen? Und das Narrative ist im Augenblick her: Nein geht nicht. Und ich glaube ich immer: Naja, du musst erstmal so ein Markt entwickeln. Du musst dann natürlich deine Operations verbessern. Und das wollen wir uns heute mal anschauen.

 

Szenario 1

Fangen wir mal mit dem Szenario 1 an. Also nehmen wir mal an, der Kunde bestellt im Schnitt für 21 Euro nach Mehrwertsteuern. Und wir nehmen an, dass es hier keine großen Stornos oder Retouren gibt. Also 21 Euro durchschnittlicher Warenkorb. Dann haben wir beim Lebensmitteleinzelhandel in der Regel eine Marge von 30 Prozent bzw. einen Wareneinsatz von 70 Prozent. Das bedeutet, wenn ich Gorillas bin und Sachen für 21 Euro verkaufe, dann habe ich eigene Warenkosten in Höhe von 70 Prozent, also von 14,70 Euro. Und was mir dann noch übrig bleibt, sind 6,30 Euro, der sogenannte Deckungsbeitrag 1. Also Deckungsbeitrag 1 immer definiert als mein Umsatz minus dem Wareneinsatz.

Okay, also jetzt haben wir unsere 6,30 Euro. Als nächstes müssen wir unsere ganzen Kosten abziehen, die nichts mit der Ware zu tun haben, aber mit der Bestellung zusammenhängen. Und es werden dann vor allem drei Posten. Einmal das Pick und Pack. Also irgendjemand muss ja im Fulfillment Center das Ganze zusammenpacken, die Bestellung. Dann muss das Ganze von dem Fahrradkurier ausgefahren werden. Und dann gibt es noch irgendwelche Payment Kosten, die noch anfallen. Und ich nehme mal an, dass die Summe dieser Kosten pro Bestellung bei 6 Euro liegen, ist jetzt eine grobe Schätzung. Hängt natürlich davon ab, wie viel so ein Fahrer pro Stunde verdient. Sind es 10 oder 12 Euro? Wie hoch ist die Auslastung von diesem Fahrer? Verlangt der Service selbst eigentlich Liefergebühren? Manche Services verlangen 1,80 Euro Liefergebühr. Andere verlangen überhaupt nichts. Nehmen wir einfach mal an, nach Berücksichtigung all dieser Posten wären die Kosten pro Bestellung nochmal 6 Euro. Dann wir haben wir gesagt: Deckungsbeitrag 1 sind 6,30 Euro. Dann ziehen wir diese Logistik und Payment Kosten ab in Höhe von 6 Euro. Dann bleiben uns gerade mal noch 30 Cent übrig. Und theoretisch müssen wir mit diesen 30 Cent alles bezahlen, also sowohl unsere Marketingkosten als dann auch noch unsere Fixkosten. Denn zu diesem Zeitpunkt haben wir den Kunden noch nicht über das Marketing bekommen.

Also Szenario 1: Warenkorb 21 Euro, Wareneinsatz 70 Prozent und Logistik Kosten von 6 Euro führen zum Deckungsbeitrag von gerade mal 30 Cent.

Szenario 2

Kommen wir zum Szenario 2. Nehmen wir an, der Warenkorb ist nicht mehr bei 21 Euro, sondern bei 30 Euro. Warum sollte der Warenkorb steigen? Mit der Zeit bestellen die Leute vielleicht einfach mehr. Vielleicht bestellen sie auch höherpreisige Produkte und vielleicht sind wir so gut im Cross-Selling und Up-Selling, dass die Leute einfach mehr in den Warenkorb reinpacken. Als nächstes nehmen wir an, dass unser Wareneinsatz nicht mehr bei 70 Prozent liegt, sondern bei 63 Prozent.

Warum 63 Prozent? Vielleicht können wir mit der Zeit bessere Konditionen bei unseren Herstellern erzielen. Vielleicht haben wir noch ein bisschen Eigenmarke dabei. Und vielleicht haben wir andere Lieferanten, die uns noch bessere Konditionen geben. Bei einem 30 Euro Warenkorb und 63 Prozent Waffeneinsatz haben wir einen Wareneinsatz von 18,90 Euro. Und dann bleiben uns noch 11,10 Euro übrig. Mal zum Vergleich im Szenario 1 waren es nur 6,30 Euro. Jetzt haben wir plötzlich 11,10 Euro Deckungsbeitrag 1, also fast das Doppelte. Dann müssen wir ja wieder diese Logistik und Payment Kosten abziehen. Und wenn wir nehmen jetzt einfach mal an, dass die gleich sind, wie im Szenario 1 bei 6 Euro. Wenn wir jetzt von den 11,10 Euro die 6 Euro abziehen, dann bleiben wir bei dem Deckungsbeitrag 2 von 5,10 Euro.

Zur Erinnerung: Im Szenario 1 waren gerade mal 30 Cent. Das heißt, unser Deckungsbeitrag ist dramatisch gestiegen von 30 Cent auf 5,20 Euro. Und das ist ein Faktor von 17. Und das ist das Krasse dran. Denn unser Warenkorb ist ja nur von 21 auf 30 Euro gestiegen. Und unser Wareneinsatz ist von 70 Prozent auf 63 Prozent runtergegangen.

Aber das sind auch die entscheidenden Größen. Denn wenn die Logistikkosten in beiden Szenarien ungefähr gleich sind und unabhängig vom Warenwert, dann sind die Logistikkosten ja mehr oder weniger Fixkosten in der Bestellung und haben so gesehen dann keinen so großen Einfluss mehr und fallen dementsprechend weniger stark ins Gewicht. Wenn unser Warenkorb nach oben geht, d. h. von Szenario 1 auf Szenario 2, haben wir uns beim Deckungsbeitrag 2 um den Faktor 17 verbessert. Das war jetzt erstmal nur der Deckungsbeitrag. Und wie gesagt, wir haben an der Stelle noch kein Marketing gemacht und haben auch noch keine Fixkosten davon abbezahlt.

 

Marketing

Sprechen wir als nächstes über das Marketing. Nehmen wir mal an, dass uns der Kunde im Schnitt in der Akquise 50 Euro kostet. Können mehr oder weniger sein, könnten 30 Euro sein, könnten auch 100 Euro sein. Aber in der Regel sind immer die Customer Acquisition Costs unserer gesamten Marketingkosten umgelegt auf die Anzahl der Neukunden, die wir dann auch generiert haben. Und nehmen wir an, ich würde jetzt eine Instagram Kampagne schalten mit Kosten von 5.000 Euro, würde dabei 100 Neukunden generieren. Dann wäre die Customer Acquisition Costs bei 50 Euro pro Kunde. Dann stellt sich die Frage, wenn ich jetzt 50 Euro pro Kunde ausgebe, wie viele Bestellungen brauche ich eigentlich, bis ich das Geld wieder drin habe? Im Szenario 1 verdiene ich ja pro Bestellung nur 30 Cent. Das heißt, bei 50 Euro an Customer Acquisition Costs müsste der Kunde hinten schon 166 mal bestellen, damit sich das Ganze rechnet. Und das ist natürlich relativ sportlich. Das wird relativ lange dauern. Wenn jetzt aber, wie im Szenario 2 der Deckungsbeitrag pro Order bei 5,10 Euro liegt, dann sind 50 Euro Customer Acquisition Costs geteilt durch 5,10 Euro Deckungsbeitrag nur 9,8. Das heißt, nach nur 9,8 Orders habe ich den Kunden wieder reinbekommen. Das hört sich ja gar nicht so unrealistisch an.

 Jetzt machen wir noch zwei weitere Annahmen für Szenario 1 und für Szenario 2 Nehmen wir an, der Kunde im Szenario 1 bestellt zweimal bei uns im Monat. Dann haben wir gesagt, wir verdienen jedes Mal nur 30 Cent an der Order, also pro Monat so gesehen nur 60 Cent. Das heißt, pro Monat verdienen wir am Kunden eigentlich nur 60 Cent. Und wiederum bei 50 Euro Customer Acquisition Costs müsste der Kunde also 83 Monate bei uns einkaufen. Also wir hätten erst nach 7 Jahren unser Geld wieder reingeholt. Und das Problem ist natürlich, dass ich als Start-Up erstmal in die Vorleistung gehen muss, um diesen Kunden zu akquirieren. Und wenn ich dann sieben Jahre darauf warten muss, bis der das Geld wieder eingespielt hat, dann ist natürlich ein extrem unattraktives und langwieriges Business.

 

Schauen wir uns das Szenario 2 an. Da wissen wir ja, wir verdienen 5,10 Euro pro Order. Aber nehmen wir mal an, da würde der Kunde jetzt 8 mal im Monat bestellen. Also zweimal die Woche. Ist natürlich relativ viel, aber auch nicht unrealistisch, wenn man darüber nachdenkt. Denn wenn man den Service ganz cool findet und damit gute Erfahrungen gemacht hat, dann sind 2 Orders die Woche ja eigentlich gar nicht so viel. Wenn der Kunde also 8 mal die Woche bestellt und wir jedes Mal 5,10 Euro an ihm verdienen, dann verdienen wir ja pro Monat am Kunden 40,80 Euro. Und dann wiederum Customer Acquisition Costs von 50 Euro und wir verdienen pro Monat schon 40,80 Euro an dem. Dann haben wir nach 1,2 Monaten die Kosten schon wieder reingeholt, was natürlich extrem attraktiv wäre.

Aber da seht ihr natürlich auch schon, wie groß die Bandbreite zwischen diesen beiden Szenarien ist. Im Szenario 1 hat sich der Kunde erst nach 83 Monaten rentiert. Im Szenario 2 schon nach 1,2 Monaten. Das ist mal ein Faktor von 68. Das ist auch immer das Spannende an diesen Businessplänen. Wir können in solche Excel-Tabellen natürlich reinschreiben, was wir wollen. Was jetzt  Warenkorb angeht, Wareneinsatz, Logistikkosten usw.. Man versucht es natürlich immer gut zu schätzen bzw. die Gründer versuchen natürlich sehr optimistisch zu sehen. Aber da kann ja echt mal so ein Faktor 70 zwischen diesen beiden Szenarien liegen. Und am Ende ist die Wahrheit wohl irgendwo in die Mitte bzw. es gibt vielleicht Märkte, die mehr oder weniger profitabel sind. Es gibt bestimmte Kundenkohorten oder Produktgruppen, die mehr oder weniger profitabel sind. Am Ende muss natürlich auch eine sinnvolle Mischkalkulation rauskommen. 

Schauen wir nochmal das Szenario 1 an. Da haben wir ja gesagt, der Kunde bestellt im Schnitt zweimal im Monat für 21 Euro. Das sind 42 Euro Monat bzw. 504 Euro im Jahr. Und nehmen wir an, unser Lieferdienst hätte jetzt eine Millionen Kunden. Dann würden wir mit diesen Kunden eine Millionen mal 504 Euro verdienen. Sind 504 Millionen Euro.

Im zweiten Szenario haben wir gesagt, dass der Kunde achtmal im Monat bestellt und zwar für 30 Euro im Schnitt. Das wären also schon 240 Euro im Monat oder 2.280 Euro im Jahr. Wenn wir wiederum eine Million Kunden haben, die für 2.280 Euro im Jahr bestellen, dann wäre das ein Umsatz von 2,88 Milliarden Euro. Und der Unterschied zwischen 2,8 Milliarden Business und dem 500 Millionen Business ist umsatzseitig gar nicht so enorm. Das ist ja quasi nur ein Faktor von fünf. Aber wenn wir uns die Profitabilität anschauen, also vor allem beim Thema Deckungsbeitrag, da sehen wir, dass im Szenario zwei der Deckungsbeitrag um den Faktor 68 höher ist.

Welches dieser Szenarien eintritt, kann ich natürlich auch nicht sagen. Aber die Aufgabe vom Management dieser Start-Ups ist es natürlich, diese Kennzahlen stetig zu verbessern. Und die haben ja in Folge 227 auch besprochen, dass selbst wenn diese Lieferservices mit den Produkten an sich überhaupt kein Geld verdienen, dass sie noch eine zweite attraktive Einnahmequelle haben, nämlich Werbung. Das haben wir am Beispiel von Instacart gesehen in den USA, die ja davon ausgehen, dass sie eigentlich mit Produkten gar kein Geld verdienen, aber dass einfach diese ganzen Brands dann Werbung schalten müssen. Das heißt, wenn bei Instacart jemand nach Spaghetti sucht, dann gibt es Werbung wie Barilla. Genauso wie ja auch Brands oder Händler bei Amazon Werbung schalten müssen. Und für Amazon ist ja auch ein extrem attraktives Business. Und einen ähnlichen Revenue Stream kann man sich auch für Gorillas und Co vorstellen.

 

Fazit

Also Fazit, Ich glaube es ist extrem wichtig diese Deckungsbeitrags Rechnung zu verstehen, auch wenn ihr mal eure eigene Company gründet. Ich war ja früher selbst auch E-Commerce Gründer und musste auch erst mal rausfinden, wie diese ganzen Zusammenhänge überhaupt sind und dass dann eben auch kleine Schrauben in diesem Modell einen extrem großen Einfluss auf eure Profitabilität haben. Und um die Ausgangsfrage zu beantworten Ist dieses ganze Instant Delivery Business jetzt ein riesiger Hype? Oder diese großen Investitionen gerechtfertigt? Ich glaube dieser Grocery und Supermarkt Kuchen, der ist einfach so gigantisch und ist auch klar, dass der online geht.

 

Dass man damit auf jeden Fall Geld verdienen kann. Und die Frage ist eben einfach nur, welcher Player am Ende übrig bleibt. Spannend ist eben, ob diese Teams und Investoren eigentlich mit der Denke reingehen. Naja, das ist wie Winner take all Market und wir starten jetzt eben so zu zehnt. Und wir wissen eigentlich schon, am Ende kann nur einer übrig bleiben. Ob es irgendwie hoffen, dass sie dann von anderen aufgekauft werden oder irgendwie fusioniert werden.

 

Ich denke naja, genauso wie es ja auch x verschiedene Supermarktketten gibt von Rewe zu Lidl und Aldi und Edeka und so weiter, wird es dann vielleicht auch gleichzeitig Gorillas, Flink, Flaschenpost, Rewe, Amazon Fresh, Picknick und so weiter geben. Es bleibt auf jeden Fall spannend. Ich hoffe euch hat die Folge gut gefallen, dass sie auch den Zahlen auch im Audio Format, dass sie den halbwegs folgen konntet. Und genau wenn ihr mehr von solchen Business Breakdowns hören wollt, dann sagt mir gern Bescheid.

Und wie immer würde ich mich natürlich freuen, wenn ihr den Podcast euren Freunden empfehlt bzw. bei Apple Podcast bewerten würdet. Und wenn ihr die Zahlen nochmal genauer nachvollziehen wollt, dann könnt ihr euch auch gerne das YouTube Video dazu anschauen. Ich verlinke das in den Shownotes. Und wenn eure Company mehr wissen möchte über aktuelle Trends im Bereich Grocery, Retail und Food, dann könnt ihr gerne bei mir melden. Ich biete da verschiedene Vorträge und Workshops an über aktuelle digitale Trends aus den USA, aus China zum Thema Retail und Grocery.

Ich hoffe es geht euch gut und bis zum nächsten mal.


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